Interview mit NICK MARCH
Eine Stimme ertönt aus den Lautsprechern meines iPhones und TikTok bietet mir an einen Live-Stream beizutreten und wenige Sekunden später hörte ich wieder diese Stimme, die etwas in mir auslöste. Die Stimme gehörte Nick March und die Wärme in seiner Stimme und die sympathische Art mit den Zuschauern zusprechen, löste ein angenehmes Wohlbefinden in mir aus. Ich blieb dran und hörte bis zum Ende des kleinen TikTok-Konzert und danach wollte ich mehr über Nick March erfahren.
Nick March hat eine gefühlvolle Stimme und ein ehrliches Songwriting mit dem er sich in die Herzen vieler Menschen gespielt hat. Seine Songs treffen mitten ins Herz. Neben zahlreichen Wohnzimmerkonzerten und Street Performances durfte er dieses Jahr die Kieler Woche 2024 vor tausenden Menschen musikalisch eröffnen. Die aktuelle Single heißt “Happy Anfang” und handelt vom Beginn eines Lebens, der Geburt eines Kindes, aber auch dem steinigen Weg dorthin. Nick March hat das Handwerk des Songs Schreibens perfektioniert, seine Texte handeln von Themen die sonst nicht angesprochen werden aber auch von Liebe oder auch nicht erwiderte Liebe. Es geht um Themen die uns allen passiert sein könnten und genau das macht die Musik doch aus, dass wir uns darin wiederfinden können. Im Interview spricht Nick unter anderem über seine Musik, seine Erwartungen an das Leben und was er der Leserschaft dieses Artikels schon immer mal sagen wollte.
Secret-Music-Blog: Kürzlich sah ich ein TikTok-Live-Konzert von dir und habe mich von deinem Talent als Musiker überzeugen können. Du bist hauptberuflich als Singer-Songwriter unterwegs, spielst auf der einen Seite private Konzerte, ab und zu begleitest du besondere Momente und Feierlichkeiten, auf der anderen Seite man konnte man dich auch auf großen Bühnen erleben wie z.B. bei der Eröffnung der Kieler Woche dieses Jahr. Wie viele Shows spielst du im Jahr und wie ist es für dich von einem kleinen privaten Publikum zu einem großen Publikum zu wechseln?
Nick March: Ich spiele seit 2022 pro Jahr rund 100 Shows, das meiste davon im Sommer und Dezember. Zum zweiten Teil der Frage: Es fällt mir tatsächlich nicht schwer, denn die Gesetze eines Konzerts sind universell. Natürlich unterscheidet sich ein privates Wohnzimmerkonzert sehr von einer Show mit 1000 Leuten, nehmen wir mal das Thema Intimität: Diese nur mit 15 Leuten als Publikum aufzubauen ist deutlich einfacher. Es gibt viele Leute im Biz, die sagen, es ist deutlich schwerer, ein gutes kleines Solokonzert für eine Handvoll Leute zu spielen, als für eine große Crowd mit Band. Da ist was dran. Jeder kann dich sehen und du kannst jeden sehen. Jede Gesichtsakrobatik von jeder Person. Davon leitet man als Künstler ja auch manchmal ab, ob es den Leuten gefällt. Wobei ich über die Jahre gelernt habe, dass sich einige Leute im Inneren freuen und nach außen hin doch recht kritisch wirken. Die kommen dann nach dem Konzert zu mir an und sagen: “Das war richtig toll!” und dann muss ich schmunzeln. Dagegen ist die Erwartungshaltung bei einem großen Konzert auf jeden Fall immer höher. Wenn meine Band auf der Bühne steht, dann muss ich auch abliefern.
Secret-Music-Blog: Was bedeutet es für dich auf der Bühne zu stehen und Musik machen zu dürfen?
Nick March: Jeder Mensch hat eine Geschichte und ich möchte meine erzählen. Dabei setze ich bewusst bei fast jedem Song auf Worte und Sätze, die viele vielleicht genauso gefühlt haben wie ich. Das mag hier und da plakativ erscheinen, aber wenn man live dabei ist und “zwischen den Zeilen” hört, dann versteht man
auch die Tiefe, die Trauer, die Freude. Was als Seelenstriptease im Alter von 14 Jahren begann, ist zu meinem Beruf geworden und dafür bin ich dem Universum und mir und allen Leuten, die mich auf dem Weg unterstützt haben, sehr dankbar. Es ist nicht selbstverständlich und ein Privileg.
Secret-Music-Blog: Wenn die Leute vor deiner Bühne stehen und dir zuhören, wie fühlt sich das für dich an?
Nick March: In gewisser Weise übernimmt man bei Konzerten als Künstler eine Verantwortung in welche Richtung man die Gefühle der Menschen lenkt. Manche meiner Songs habe ich schon unglaubliche 1000 Mal gespielt. Ich kann dann in den “Automatikmodus” gehen und die Leute beobachten. Die Körpersprache lesen, die Beziehungen der Menschen auch zueinander. Das fasziniert mich. Aus einem Gestressten wird plötzlich ein Erstaunter. Aus einem starren Blick plötzlich Freude. Es ist auch immer wieder aufregend, wenn Leute danach auf mich zukommen und sagen, dass sie es so sehr gefühlt haben, als ich Song XY gespielt habe. Es entstehen magische Momente. Nicht immer, aber manchmal.
Secret-Music-Blog: Kannst du dir vorstellen nicht mehr auf der Bühne zu stehen und einen anderen Beruf zu ergreifen?
Nick March: Das ist eine sehr gute Frage, über die ich lange nachdenken musste. Wahrscheinlich werde ich auf der Bühne sterben. In meinem “vorherigen Leben” war ich Offizier bei der deutschen Luftwaffe. Das hat mir meistens Spaß gemacht, aber das Herz und der Bauch entschied sich für die Musik. Das konnten fast alle nachvollziehen. All die Erfahrungen, die ich dort gesammelt und die Menschen, die ich dort kennengelernt habe, möchte ich auf jeden Fall nicht missen. Ob ich durch eine Notsituation wieder in meinen alten Beruf zurückkehren würde, kann ich natürlich nicht sagen. Sekundär hätte aber auf jeden Fall Lust, in den nächsten Jahren als Entrepreneur etwas Kleines zu starten. Meine Interessen sind vielfältig, aber die Musik bleibt die Nummer 1. Ich werde aber aus Interesse auf jeden Fall in Zukunft noch etwas studieren.
Secret-Music-Blog: Du hast wunderschöne Songs veröffentlicht. Manche dieser Songs findet man nur bei YouTube? Wieso gibt es diese Songs nicht auf den bekannten Streamingplattformen?
Nick March: Ich arbeite seit 2016 mit dem großartigen Produzenten und Songwriter Mark Smith zusammen. Er war unter anderem Produzent oder Co-Produzent der ersten sechs Alben von Johannes Oerding und hat an Hits wie “An guten Tagen”, “Alles brennt” oder “So Schön” mitgeschrieben. Zu Beginn unserer
Zusammenarbeit wollte ich einfach etwas draußen haben und die einfachste Möglichkeit war YouTube. Da braucht man keinen Distributor, GEMA ist zu vernachlässigen, da die Summen mickrig sind, die YouTube auszahlt. Wie mein Kumpel Ren Kühn mal gesagt hat, der selbst zwei sehr erfolgreiche YouTube-Kanäle betreibt: YouTube wird es auch in 10 Jahren noch geben. Und durch exklusive Inhalte lohnt sich auf jeden Fall das Abonnieren meines YouTube-Kanals 😉
Secret-Music-Blog: Wie würdest du die Stilrichtung deiner Musik beschreiben?
Nick March: Wenn ich allein spiele: Gefühlvoller Singer-Songwriter-Deutschpop mit Loopstation und Akustikgitarre. Wenn ich mit Band spiele, hat mein Gitarrist Magnus Landsberg das ganz schön als “zwischen Herzschmerz und Abriss” beschrieben. Dann kommen auch ganz schöne Bretter mit Bass und E-Gitarre. Das überrascht die Menschen und zaubert mir ein Grinsen ins Gesicht.
Foto: Samira Neitzke
Secret-Music-Blog: Welcher Song (von dir) hat für dich die größte Bedeutung?
Nick March: Auf einen Song kann ich mich nicht beschränken. Bei mir sind es inzwischen vier oder fünf, die mir sehr viel bedeuten. “Happy Anfang” ist so ein Song, der so viel Tiefe hat. Einer meiner besten Freunde und seine Verlobte waren der Auslöser. Die beiden wollten schwanger werden und der Weg dorthin war ein sehr steiniger. Letztes Jahr war es dann soweit und die beiden wurden glückliche Eltern eines kleinen Jungen. Aus deren Perspektive habe ich diesen Weg bis zum “Happy Anfang” beschrieben. Bei dem Song hat die wunderbare Songwriterin Sarah Muldoon mitgeschrieben. Ihre Sicht auf das Thema war
auch sehr wichtig für den Text. Die Single “Früher, Heute, Morgen” beschreibt meine Ansicht auf das Leben in
unterschiedlichen Zeitspannen. Als kleiner Junge wollte ich zum Beispiel (inspiriert durch Hollywoodfilme) einfach monetär richtig reich werden. Dann habe ich aber im Laufe der Jahre, vor allem Anfang 20, gemerkt, dass mich Abenteuer, Reisen und generell Zeit mit meinen Liebsten viel glücklicher machen, als nur stumpf Geld zu verdienen. Ein paar weitere sehr wichtige Lieder, die erst in den letzten Jahren entstanden sind, gibt es nur live zu hören. Andere Stücke habe ich nach dem Schreiben nur ein paar Mal live gespielt. Wie
den Song “Geisterfahrer” über einen Mann, der über die ukrainische Autobahn aus Kiew gen Westen flieht und dabei die freien Spuren auf der Gegenfahrbahn nutzt, um überhaupt rauszukommen
Secret-Music-Blog: Was inspiriert dich, Musik zu machen?
Nick March: Die Menschen, das Leben, die Liebe, meine Partnerin, der Alltag. Eigentlich kann mich so ziemlich alles dazu inspirieren etwas zu schreiben oder Musik zu machen. Die letzten Jahre war aber mein Fokus, vor allem meine Live-Shows zu verbessern. Was mir glaub ich gelungen ist.
Secret-Music-Blog: Wie wichtig ist dir Feedback zu deiner musikalischen Arbeit?
Nick March: Wenn man sich mit meinem Werk beschäftigt hat und ein langjähriger Fan ist, dann ist mir das Feedback wichtig. So entwickeln sich viele meiner Songs von der ersten Fassung bis zum Release. Von manchen meiner Songs gab es dadurch fünf oder mehr Versionen. Meinen bis jetzt erfolgreichsten Song “Es
geht um uns” habe ich einige Male umgeschrieben. Neues wichtiges Feedback hat dann wieder eine neue Version hervor gebracht. Aber ich weiß auch wann Schluss ist und ich fertig bin mit einem Song. Oft kann ich ja auch das Feedback von guten Kollegen einholfen wie z. B. meinen langjährigen Singer-Songwriter Freund Isaak.
Secret-Music-Blog: Welche CD hast du als letztes gehört?
Nick March: Ich glaube, die letzte CD die ich gehört habe war von meiner Kollegin Miu aus Hamburg. Toller Soul-Pop bzw. auf der EP sogar Soul-Folk. “Corona Tapes ll” heißt die Scheibe. Kann die Musik aber sowieso empfehlen. Anspieltipps aus all ihren Songs: “Ohana” und “So much more”
Secret-Music-Blog: Was ist deine Erwartung an das Leben?
Nick March: Ich erwarte das Beste vom Leben. Wir haben die Fähigkeit, unsere Realität selbst zu erschaffen. Und damit auch die beste Version unseres Lebens. Natürlich hast du bessere Voraussetzungen, wenn du reich geboren wirst, aber das ist keine Garantie für Glück. Ich erwarte genau das, was ich selbst als Mensch aussende.
Secret-Music-Blog: Wenn du an dein bisheriges Leben zurückdenkst, bist du
dann zufrieden oder gibt es etwas, dass du gerne anderes gemacht hättest?
Nick March: Ich bin zufrieden mit meinem Leben und meinem Weg. Alle meine Fehler
haben mich dorthin gebracht, wo ich heute bin. Ich habe erst durch das Scheitern angefangen zu gewinnen. Nur durch Erfolge lernt man nichts, da gibt es nichts, was dich sofort anspringt. Beim Scheitern ist das anders.
Foto: Samira Neitzke
Secret-Music-Blog: Was ist für dich ein Erfolg?
Nick March: Ich halte es da ähnlich wie Gary Vaynerchuk. Ich finde, die komplette Welt sollte neu denken, was Erfolg eigentlich ist. Es ist nicht eine Milliarde Euro zu verdienen oder 1 Milliarde Streams auf Spotify zu haben. Beides für den Geldbeutel und das Finanzamt sehr gute Sachen. Es ist eben wie Gary sagt: Erfolg ist, wenn man am Morgen aufsteht und gut gelaunt ist. Für mich, wenn ich gut geschlafen habe, ich mit mir selbst und meinen Mitmenschen im Reinen bin. Wenn mein Terminkalender so gut gefüllt ist, dass ich Spaß daran habe, meine Shows zu spielen. Erfolg muss ERFOLGEN. Es muss gemacht werden, er kommt nicht über Nacht, er fällt nicht vom Himmel. Dementsprechend lebe ich nach dem Motto: Machen ist Macht. Und mache so viel wie ich kann. Derzeit vor allem gute Live-Shows. Und wenn die Leute es feiern und “Zugabe, Zugabe, Zugabe” rufen, dann ist das für mich Erfolg.
Secret-Music-Blog: Welche Frage wolltest du schon immer in einem Interviewgestellt bekommen?
Nick March: Beeinflusst Technik oder Technologie deine Kunst? Und wenn ja, wie?
Secret-Music-Blog: … und wie lautet die Antwort auf die Frage
Nick March: Wäre Country-Musik ohne die Erfindung der Akustikgitarre entstanden? Hätte Jimi Hendrix ohne E-Gitarre zur Musiklegende werden können? Das wissen wir nicht, aber Technik und Technologie, neue Instrumente und Techniken haben immer dazu geführt, dass sie von irgendjemanden ausprobiert und genutzt wurden, sobald sie “auf dem Markt” kamen. Stellt euch mal die 80er ohne den Sound von E-Drums und Synthesizer vor. Fast unmöglich, nicht wahr? Bei mir war es erst die Akustikgitarre und später die Loopstation. Da ich bei meinem ersten Job viel unterwegs war, konnte ich damals nicht einfach und schnell mein Klavier oder E-Piano mitnehmen und kaufte mir eine zweite Akustikgitarre. In meinem Elternhaus hatte ich bereits eine, aber die blieb auch dort, weil ich im Zug mit möglichst wenig Gepäck reisen wollte. Also kaufte ich mir vor Ort eine und in der freien Zeit übte ich auf dieser viel mehr, als ich es sonst zu Hause getan hätte. So entstanden viele meiner ersten Songs. Als ich später meine Loopstation kaufte, schrieb ich gleich in der ersten Woche den Song “Tanzen”. Der Jahre später meine erste Single werden sollte. Fehlende Fähigkeiten oder eben verfügbare Technik zwingen uns manchmal dazu, Dinge zu tun oder zu lassen. So auch in der Musik. Meine erste EP “Mosaik” ist mit der Idee entstanden: Wie würde sich eine kurze Platte
anhören, die möglichst wenig Spuren auf jedem Track hat? So als würde ich sie mit der Loopstation aufnehmen. Ich bin mir sicher, dass ich auch in Zukunft
Vielen Dank für dein Interesse an diesem Interview. Hab eine gute Zeit. Alles Liebe K!